An diesem Wochenende (vom 7. bis 9. Juni) wird Horst Beer im Landesleistungszentrum Tanzen zum letzten Mal ein Landeskadertraining durchführen. Unsere Kaderpaare dürfen noch einmal die geballte Kompetenz einer Tanzsport-Legende erleben. Wir, die jetzigen und früheren LTV-Präsidiumsmitglieder und mehrere Generationen von Kaderpaaren, sind Horst Beer für seine außerordentlichen Verdienste rund um unseren Verband sehr dankbar und gönnen ihm von Herzen alle Zeit, die er nun als Großvater mit der Familie in Bremerhaven oder im fernen Ferien-Domizil Florida verbringen kann. Bei seinem Abschied vom aktiven Tanzsport 1992 begleitete ihn der Frank-Sinatra-Evergreen „My way“. Diesmal ist hoffentlich Marlene Dietrich mit „Ich hab‘ noch einen Koffer in Berlin“ erste Wahl.
LTV-Archivar Dirk Ullmann wirft einen Blick zurück auf das Wirken von Horst Beer im und für den Berliner Tanzsport:
Wer sich über Horst Beer und sein Verhältnis zum Berliner Tanzsport äußert, kann unmöglich Vollständigkeit beanspruchen. Begonnen hat diese fruchtbare und vielseitige Beziehung schon mit seinem Vater Helmut (1932 - 2017), dessen erste Bremerhavener Lateinmannschaft 1967 in der Deutschlandhalle an der Deutschen Formationsmeisterschaft teilnahm. Niemand ahnte wohl damals, dass sein Spross unseren Tanzsport als erfolgreicher Tänzer wie Trainer im Einzel- und Formationsbereich über fünf Jahrzehnte fortwährend prägen würde.
Am 29. Mai 1958 kam Horst Beer als einziger Sohn (neben den beiden jüngeren Schwestern Manuela u. Claudia) in der Seestadt Bremerhaven zur Welt, wo seine Eltern Else u. Helmut seit 1957 eine bekannte Tanzschule leiteten. Für ihn und seine spätere Frau Andrea Lankenau begann dort 1972/73 schließlich ein aussichtsreicher Weg zum Tanzsport. Beide sind nunmehr seit 1992 Inhaber der gleichnamigen Tanzschule, er darüber hinaus Präsident der 1971 gegründeten TSG Bremerhaven und Ehrenmitglied des LTV Bremen.
Ihre großartige tanzsportliche Titelbilanz im Paarbereich (als Amateure sechs DM-Latein, zwei DM-Kombination sowie jeweils einmal WM und EM Latein, bei den Profis zudem Doppel-WM und EM) „fiel aber nicht vom Himmel“. Horst Beer, Ziehkind des vormaligen Bundestrainers Wolfgang Opitz, äußerte dazu 1995: „Das klingt jetzt nach Klagen, ist aber gar nicht so gemeint. Im Gegenteil, wir finden die Arbeit großartig und möchten mit niemandem tauschen. Es sollte nur auch klar sein: Ein Honigschlecken ist das nicht.“ Diese ehrgeizige, disziplinierte wie fleißige Grundeinstellung macht deutlich, weshalb er von 1984 bis 2008 als Trainer der Lateinformation der TSG Bremerhaven außergewöhnliche Erfolge feiern konnte. Die imponierende Anzahl von Titeln (neun Weltmeisterschaften, sieben Europameisterschaften und 14 Deutschen Meisterschaften) legt davon beeindruckend Zeugnis ab.
Horst Beers vielfältige tanzsportliche Beziehung zur Bundeshauptstadt wurzelt weit vor dem Mauerfall. So gelang ihm 1979 bei der Weltmeisterschaft der Formationen in der Deutschlandhalle als Lateintänzer der TSG Bremerhaven die Titelverteidigung. Mit seiner Partnerin Andrea gewann er überdies am 17. Mai 1980 beim 8. „Blauen Band der Spree“ das DTV-Ranglistenturnier der S-Latein (ein Format, dass sich damals noch in der Testphase befand). Das Paar konnte außerdem als Premierensieger der im April 1985 ins Leben gerufenen Frühjahrsveranstaltung „Goldener Bär von Berlin“ Tanzsportgeschichte schreiben. Nicht genug: wenige Monate später holte „seine“ TSG Bremerhaven in der Deutschlandhalle zum dritten Mal in Folge den Weltmeistertitel. „Nebenbei“ entwickelte Horst Beer auch für Standardformationen eingängige Musiken und charakteristische Choreografien, so u. a. für den TC Allround. Als einer der Trainer dieser überaus erfolgreichen Berliner Mannschaft wurde er am 16. Juni 2000 mit der Sportplakette des Landessportbundes in Silber ausgezeichnet.
2005 erfolgte die Berufung als erster „selbständiger“ Latein-Landestrainer im LTV Berlin. Dieses Amt wurde zuvor seit 1998 von Beate Franke parallel für Standard und Latein ausgeübt. Horst Beer schien dafür mehr als prädestiniert, hatte er doch selbst als Tänzer die Entwicklung hin zu mehr leistungssportorientiertem Körpertanz erlebt und umgesetzt. Wer seine damit einhergehenden Landestrainer-Tätigkeiten Revue passieren lässt, erkennt eine professionell konstante, aber immer wieder inhaltlich angepasste Palette an Aktivitäten. Hierzu zählen mehrmals jährlich praktizierte Landeskadermaßnahmen wie die Durchführung von Gruppentrainingseinheiten, die unter das jeweilige Jahresthema des DTV gestellt werden. Diese Schwerpunkte kommen in den verschiedenen Leistungsgruppen der Junioren bis Masters zur Bearbeitung und bereiten auf Landesmeisterschaften, Deutsche Meisterschaften sowie internationale Turniere resp. Bundeskadermaßnahmen vor. Über das Kadertraining hinaus widmete er sich in den Jahren 2017 - 2020 dem „Tanz im Unterricht“. So bot Horst Beer mehrere Lehrerfortbildungen in Berlin an, die sehr beliebt und stets bereits früh ausgebucht waren. Ferner unterstützte er die Bundesliga-Standardformation des OTK Schwarz-Weiß 1922 im SC Siemensstadt in entsprechenden Trainingseinheiten. Seine motivierende und loyale Einstellung zum Verband hat zweifelsohne dazu beigetragen, dass der Tanzsportbetrieb trotz Pandemie aufrechterhalten werden konnte.
Vor seiner Ernennung zum DTV-Bundestrainer 2011 (bis 2023) war er bereits als Landestrainer neben Berlin auch in Bremen, Schleswig-Holstein und Sachsen aktiv, seit 2001 ebenso im Verbandstrainerpool des DTV. Kurze Zeit übernahm Horst Beer ebenso das Amt des Bundesjugendtrainers Latein (2019 - 2020). Er ist ADTV-Tanzlehrer für Gesellschaftstanz, Trainer mit A-Lizenz und Inhaber der höchsten Wertungsrichterlizenzen aller Tanzsportverbände.
Horst Beers überragende tanzsportlichen Erfolge mit seiner Frau Andrea wurden auf nationaler Ebene mit dem „Silbernen Lorbeerkranz“ bzw. „Goldenen Tanzschuh“ gewürdigt. Außerdem erhielt er 2017 den DTV-Award als Trainer des Jahres, im Dezember 2023 auch die DTV-Sportplakette. Der LTV Berlin überreichte ihm bereits am 23. November 2017 die höchste Ehrung in Form der goldenen Ehrennadel (Foto - mit LTV-Präsident Thorsten Süfke - links - und LTV-Ehrenpräsident Franz Allert - rechts).